1994 Hanebrink Extreme Terrain

mit fetten 8" Reifen ist 007 mondlandefähig


owner: Stefan Scherzinger


Dan Hanebrink ist Nasa-Ingenieur und entwickelt neben Raumfahrtteilen, Fullies, BMX-Gabeln, Extreme Terrain Bikes, E-Bikes auch gerade ein ziemlich schickes Rennmotorrad mit Elektromotor.

1993 hatte er die Idee ein Bike für Sand und Schnee zu bauen. Das Hauptproblem waren die Reifen, die entweder zu schmal oder zu schwer waren.

Die Lösung waren Quad Reifen, die von der Firma "Skat Track" in Kalifornien an den Seitenwänden bis auf die Karkasse runtergeschliffen wurden. Auf der Lauffläche liessen sie noch etwa 5mm Gummi drauf in das sie von Hand ein Profil schnitzten. Customizing vom geilsten!

Die Reifen sind Tubeless auf die eigens dafür geschweissten 10" Leichtbaufelgen aus Aluminium montiert. Das Ganze war sehr aufwändig und teuer. Deshab wurde das nur bei den ganz frühen Bikes so gemacht. Danach hatten sie kleinere Standardreifen und Felgen. Unser fettes Vorderrad wiegt lediglich ...

 

Rahmen und Gabel sind aus 6061er Aluminiumrohren zusammengeschweisst und T6 getempert. Leider hat einer meiner Vorgänger das Tretlager schräg reingeschraubt bzw. REINGEWÜRGT! Somit blieb mir nichts anderes übrig, als mit dem frisch besorgten Campagnolo Werkzeug (klick) das Gewinde korrekt nachzuschneiden. Das gesamte Konstrukt (Rahmen, Gabel, Steuersatz) wiegt ...

 

Da eine standardmässig verbaute 27.2er Sattelstütze für meinen Geschmack zu viel Spiel hat, muss auf das nächst höhere Mass 27.4mm aufgerieben und eine passende Stütze besorgt werden. Eine Thomson Elite bietet sich da wunderbar an. Die wurden zwar erst 1995 vorgestellt, aber hier drücken wir mal ein Auge zu.

 

Damit man nicht mit einem unmöglichen Q-Faktor breitbeinig durch die Prärie reitet, hat Hanebrink den Antriebsstrang geteilt. Vorne gewohnt schmal bis zur Übertragungswelle auf der dann auch gleich die drei Kettenblätter geschaltet werden. Diese sind ziemlich klein gehalten, da die ersten beiden Ritzel bereits 1:4 übersetzen. Auch hier, alles Custom-Maschinenbau.

 

Die grösste Baustelle waren die Bremsen. Da die mechanischen Hope Bremsen nicht die Power entwickeln wie eine neue Scheibenbremse, wurde die Hope Bremsaufnahme an der Gabel zur Hälfte weggesägt und abenteuerlich mit einer geschraubten Adapterplatte für eine moderne Bremse ergänzt. Das musste natürlich wieder rückgebaut und frisch getempert werden! Danke an Stefan von Cycleworks!

 

Da die Bremsbeläge teilweise durch waren, liess ich die total eigenartigen Dinger, die man nirgends mehr kriegt, neu bekleben. Die Firma RBK Industrie macht das im Oldtimersegment seit Jahren zuverlässig. 

 

Damit man auch mit dicken Winterhandschuhen problemlos schalten kann, werden die 1994 brandaktuellen XT Schaltaktoren aus der M737er Serie mit alten Daumenhebeln (M732) geschaltet. Die können schliesslich auch 8-fach!


 

Das Bike kam über die Jahre von den USA über Kanada, Deutschland und Österreich zu uns in die Schweiz. Die Originalteile waren alle noch vorhanden und die Substanz ist nach den obigen Reparaturen wieder top!

Der Rahmen hat die Nummer 007 und ist somit einer der allerersten!


Im Vergleich zur Prototypenversion von 1993 änderte vor allem die Gabel, die nicht mehr geschraubt, sondern komplett geschweisst wurde. Eine Federung hat unsere Nummer 007 zum Glück noch nicht (eine Baustelle weniger). Die wäre vor allem für den Einsatz von Skis, anstelle des weichen Vorderradreifens.

Die dritte Version, die dann auch die Army nutzte, hatte bereits kleinere Standardreifen und Felgen. Auch die Gabel ist nicht mehr aus vier geraden Rohrsegmenten zusammengeschweisst, sondern aus zwei Gebogenen.


 

Die erste Generation der Hope Scheibenbremse war noch komplett mechanisch. Der eine Bremsbelag ist fix und der andere wird an die Scheibe gedrückt. Damit dabei die Scheibe nicht gebogen wird, ist der gesamte Bremssattel schwimmend gelagert.


 

1993 Hanebrink Katalog


 

1995 Hanebrink Katalog


Die Fatbike History

 

Was wenn der Winter kommt, oder der Wind eine Sanddüne vor die Türe weht..? Dann muss der Footprint des Bikes grösser werden!

 

Bereits 1986 hatte Michelin die Lösung und fertigte Prototypenreifen, mit denen der französische Ingenieur Jean Naud 3200km von Algerien bis Tombouctou fuhr. Leider blieb es bei diesen Prototypen.

 

Im selben Jahr baute Tim Paterek ein Prototypen-Bike für Yamaha mit fetten Yamaha 4.6“ Motorradreifen mit sauschweren 6 Ply Karkassen. Auch hier blieb es lediglich bei einem Einzelstück.

 

Ebenfalls Mitte der 80er schweisste Dave Ford aus Girdwood (Alaska) bis zu drei Felgen zusammen und zog ebenso viele Reifen auf. Der Custom Rahmen schweisste er auch gleich selbst. Diese Bikes nannten sie dann „Sixpack“ und waren wahre Gripmonster mit ordentlich Auftrieb um den Idita Road Trail zu fahren. Dieser besteht nur im Winter, wenn die Seen, Sümpfe und Flüsse zugefrohren sind.

Seit 1987 gibt es da auch das legendäre 210 Meilen lange Iditabike Race.

Hier ist der Sieger dieser ersten Austragung Dave Zink.

 

Von 1991 bis 1999 baute Simon Rakower aus Fairbanks (Alaska) 44mm breite Felgen. Er nannte sie „Snow Cats“ und sie wurden mit normalen Reifen gefahren, die aufgrund der breiten Aufspannung breiter und flacher wurden. Dies waren die breitesten Felgen auf dem Markt:

 

Der Nasa-Ingenieur Dan Hanebrink ging 1993 einen anderen Weg und suchte auf dem Reifenmarkt was passendes und baute das Bike darum herum. Bei den Quads für den Wüstensand wurde er fündig! Die Reifen waren allerdings zu schwer und wurden deshalb auf der Drehbank von einem Grossteil des Gummis befreit. So entstand ein sehr agiles Extreme Terrain Bike mit 8“ breiten Reifen, das sogar von der US Army eingesetzt wurde. Dies ist der Prototyp und steht bei Sky Boyer von Velocult:

 

1997 wurden aus den lockeren 210 Meilen des Iditabike Race stattliche 350 von Knik nach McGrath.

 

Ende der 90er baute der Mexikaner Ray Molina 82mm breite „Remolino” Felgen, einen Rahmen und Molinas „Chevron“ Reifen. Alles war made in Mexico!

 

1999 fuhr Mark Gronewald auf der Interbike in Las Vegas mit Ray Molina’s Prototypen, dem „Remolino Fatty“. Er kaufe einen Satz Felgen und Reifen und baute in Alaska mit dem Schweisser John Evingson einen passenden Rahmen. Das Bike Nannten sie „Wildfire Fatbike“ (das schwarze auf dem Bild)

 

Neben dem Chevron Reifen passten auch die Downhillmonster BigHit und Gazzaloddi auf die Felgen:

 

2005 kam dann Surly mit dem Endomorph Reifen, passenden Felgen und Rahmen. Und der Fatbike boom konnte beginnen.