Aufenau, Germany
Als 2004 die Singlespeed WM in Deutschland stattfand, begann ich gerade so richtig Oldschoolbikes anzuhäufen und verfolgte die Singlespeedszene am Rande. Dass dies in einer ordentlichen Sause ausartete bekam ich natürlich mit und bereute es dann schon ein wenig nicht dabei gewesen zu sein. Nun - 20 Jahre danach machte ich den Fehler nicht nochmals und ergatterte mir einen der 350 Startplätze im Land der Kartoffeln.
Anders als die letzten Jahre bei solchen Events, wollte ich aber nicht nur als mitrollende, adipöse Couch-Potatoe glänzen, sondern als fit-knuspriges-Pommfritt rocken! …dank eines ausgeklügelten Baustellen-Trainingsprograms mit 50cm Natursteinstufen und Morettis schaffte ich's dann immerhin zu einer mehr oder weniger verbrannten Bratkartoffel.
Die Anreise dauerte dank Stau und Unfall-Umleitungen rund 7 Stunden.
Zufällig kam Henry Lesewitz fast gleichzeitig am späten Nachmittag auf der Motocross-Strecke in Aufenau an. Wir gönnten uns dann erstmal ein Moretti zum Erden.
Nach der Registrierung hiess es dann gleich die Startnummer am Bike montieren und ab zum Hillclimb! Ein Kaltstart mit Max-Torque in den Hang hinein! Geil!
auch der Kaffeestand ging steil!
Der Abend verlief gemütlich am Lagerfeuer der Truppe aus Jena. Von der Stage unten wummerten entspannte Electronic Bässe zu uns hoch
...bis dann die Holländer übernahmen und sich das Niveau auf Ballermann-Level einpendelte! Die letzten hatten ziemlich Ausdauer!
Am nächsten Morgen wurde am Renn-Briefing erklärt, dass das Rennen eine Orientierungsfahrt auf dem Motocrossgelände und umliegenden Ländereien sein werde. Die schnellsten 30 würden dann am Abend um den Titel fighten.
Die Motivation der Teilnehmer reichte von "bin besoffen, bleibe besoffen" bis zu "wir erstellen Höhenprofilanalysen um die Posten möglichst effizient anzufahren".
Als Pilot von oldschoolRACING konnte ich natürlich nicht einfach die gepegelten Beine hängen lassen und überlegte mir bei einem Elektrolythgetränk eine Taktik …um diese dann bei den weiteren Ampullen wieder zu vergessen.
Gut hydriert gings in den Starttunnel, wo ein ehemaliger Motocrossfahrer mit seiner 60 jährigen Maschine ordentlich Lärm machte! …und los gings!
Der obligate Le-Mans-Start mit anschliessender Suche nach den umgestellten Bikes streute auch wieder von "Ussain Bolt" bis "Oma spaziert ins Café" …auch hier strebte ich etwas verhalten nach Bolt.
Dummerweise war ich nicht der einzige mit roten Lenkergriffen und die Suche nach dem Ventana dauerte länger als erhofft.
Nun vollgas die ersten beiden Posten anfahren und zurück zum Zielgelände. Um diese abzuhaken, damit man die nächsten Beiden suchen kann. Das Ganze Gelände glich einem Bienenstock, ein richtiges Gewusel! Überall schossen Bikes mit kostümierten Piloten um die Ecken. Man hatte keine Ahnung, ob man auf Goldkurs war, oder sich besser direkt zur Tränke begeben hätte. Letzteres taten die Jungs um Thilo, die es sich bei meinem letzten Posten gemütlich gemacht hatten. Mit einem kräftigen Schluck Obstler zog ich in die letzte Abfahrt und erwischte gleich die erste Kurve nicht ganz auf der Ideallinie und geriet in den Acker – die Kinesis Starrgabel bockte und ich fluchte. Fast unten tauchten noch zwei Holländer vor mir auf, die mir meinen imaginären Podestplatz streitig machen würden, also Angriff! Wie sich dann herausstellte, hatten sie aber noch nicht alle Posten und bogen nicht Richtung finaler Tunnel ein. Da drin arbeitete die Nebelmaschine auf Anschlag, doch am Ende sah man Licht und hörte Geschrei! Also vollgas durch...
...und Zägg hatte man ein SanMiguel in der Hand und der Ruhepuls stellte sich wieder ein.
Die ganzen Bikes die da bereits rumlagen liessen mich erahnen, dass ich es eventuell nicht unter die besten 30 geschafft haben könnte.
Diese mussten dann am frühen Abend eine Motocrossrunde mit Bierstopp fahren. Im Ziel dann Kette aufnieten und nochmals ein Blondes zur Erfrischung. Wer die Flasche zuerst leer hat, wird tätowiert!
Bei den Frauen war auch Jacquie Phelan am Start! Die freizügige MTB Ikone schlechthin und Singlespeederin der ersten Stunde.
Am Abend gabs dann noch die Medaillen tätowiert
Gespräche mit Jacquie Phelan, Henri Lesewitz und Jeroen vom MTB Museum in Holland rundeten den Abend bei Burger, Pommes und Bier ab.
Als dann die "Rage against the Machine" Coverband lärm machte, änderte ich mein Konsumverhalten und nüchterte für die Heimreise aus, die ich ein paar Stunden später antreten musste, da wir am nächsten Mittag in der Schweiz einen 80. Geburtstag feierten. Die Heimreise durch die Nacht dauerte entspannte 4:40h
Tausend DANK den Organisatoren! Es war alles sehr entspannt, sauber, friedlich, bunt, spontan und trotzdem durchdacht. Sehrcool!