Ivan Gotti's Teambike - Leichtbau vom Feinsten!
owner: Stefan Scherzinger
Im Dopingsumpf der 90er Jahre wurde nicht nur gespritzt, sondern auch technisches Tuning betrieben, für das wir uns etwas mehr interessieren.
Dies ist das 1997er Teambike des Giro d’Italia Siegers 1997, Ivan Gotti. Vor dem Giro 97 bekam sein Rennvelo ein komplettes Gewichtstuning inklusive Leichtbau-Radsatz von Gerd Schraner. Ob dies der Rahmen vom Giro-Sieg ist, oder ein zweiter Backup-Rahmen ist nicht sicher. Fakt ist, es ist noch kein CAAD4, also vor 1998 und es ist unterm Tretlager "GOTTI" eingraviert. Verbaut ist der selbe Radsatz wie der von Gerd Schraner, jedoch mit Titanspeichen. Und anstelle der Dura Ace Gruppe ist eine komplette Record Titanium von Campagnolo montiert.
Hier ist Gotti zusammen mit Teamkollege und Sprintstar Mario Cipollini zu sehen, der den gleichen Rahmen etwas grösser fährt.
Ein Zeitungsbericht von Gerd Schraner über den Laufradsatz, den er für Gotti gebaut hatte. Danke an Gerd für den Scan!
Der Giro 1997
1997 stand der Start des Giro d’Italia ganz im Zeichen des Comebacks von Marco Pantani, Italiens Volkshelden, der nach seinem schweren Sturz bei Mailand-Turin 1995 die gesamte Vorsaison aussetzen
musste. Nach dem eher bedächtigen und unspektakulären Giro des Vorjahres mit den schweigenden Protagonisten Tonkov, Olano und Gotti war offensichtlich nur der charismatische Kletterkünstler aus
Cesenatico in der Lage, das Feuer in den Herzen der Tifosi wieder auflodern zu lassen. Wer auch sonst sollte zudem imstande sein, dem Russen Tonkov das Zepter aus der Hand zu nehmen… Doch dieser
beherrschte den Giro zwei Wochen lang mit der Souveränität eines „Patrons“. Durch zwei Etappensiege in der ersten Woche machte er unmissverständlich klar, dass der Gesamtsieg nur über ihn gehen
konnte. Selbst die Aura Marco Pantanis ließ den Mann, den sie die „Sphinx“ nannten, kalt wie den sibirischen Winter. Als Pantani dann auch noch einer schwarzen Katze Tribut zollen musste und im
Getümmel stürzender Rennfahrer der Leidtragende war, schien der Weg für Tonkov zum zweiten Giro-Sieg hintereinander geebneter denn je…
Im sicheren Gefühl des Sieges schien er dann aber in Lethargie zu verfallen und wurde von seiner eigenen Überheblichkeit bestraft. Am vierzehnten Etappentag stand die Bergankunft im 2000 Meter
hoch gelegenen Breuil-Cervinia an, einem Wintersportort, gelegen unterhalb des Gipfels des berühmten Matterhorns an der Grenze zur Schweiz. Laut Profil eine wenig selektive Steigung, wenn auch
ausgesprochen lang: 28 Kilometer. Dennoch rechnete niemand ernsthaft mit einer Attacke auf das „Maglia Rosa“, am wenigsten wohl Tonkov selbst… So verliefen die ersten knapp 200 Kilometer mehr
oder minder unspektakulär: Ausreißer versuchten reihenweise, über die weniger hohen Pässe wie den Champremier und den Santa Pantaleon einen nennenswerten Vorsprung herauszufahren. Den Italienern
Stefano Garzelli und Nicola Miceli gelang dies noch am erfolgreichsten – beide verschwanden aus dem Blickfeld der Favoriten. In der Gruppe um das Rosa Trikot hingegen schien Waffenstillstand
Einkehr zu halten: Verzog Tonkov mal eine Miene, dann zumeist in Richtung Luc Leblanc, den er seit einigen Tagen als Hauptkontrahenten deklarierte. Für seinen Freund Gotti hatte er keine
Augen.
Ein verhängnisvoller Fehler, denn als Gotti 34 Kilometer vor dem Ziel einen Angriff in den Gegenwind hinein lancierte, blieben sowohl Tonkov als auch alle andere Konkurrenten sitzen. Soll er doch
ins windige Verderben reiten, haben sie sich wohl gedacht, als sie den schmalbrüstigen Bergfloh aus San Pellegrino ziehen ließen. Doch Gotti erwies sich zäher als der Wind: Sekunde um Sekunde
vergrößerte er seinen Abstand, während Tonkov immer noch auf Leblanc schielte. Als letzterer dann in der Steigung nach Cervinia abreißen ließ, war Tonkov zwar den Franzosen los, aber sich seiner
Zwickmühle immer noch nicht so recht bewusst. Währenddessen wuchtete sich Gotti Kilometer um Kilometer das Matterhorn hinauf, stellte nach einer gewissen Zeit Stefano Garzelli und hatte auf dem
Weg zum ‚Maglia Rosa’ derweil nur noch Nicola Miceli vor sich. Sein Vorsprung auf die Gruppe mit Pavel Tonkov wuchs und wuchs, wobei der Russe nun damit beschäftigt schien, nach dem Verlust von
Leblanc ein neues Gesicht zur Orientierung zu suchen. Doch weder Leonardo Piepoli, noch Alexander Shefer, José Jaime Gonzalez oder Axel Merckx waren gewillt, die visuellen Hilfegesuche der
„Sphinx“ zu replizieren. Also musste sich Tonkov umorientieren und (endlich) sein eigenes Rennen fahren...
Jedoch – es war bereits zu spät: Nebst der Stärke Gottis, die Tonkov weiß Gott unterschätzt hatte, musste er einsehen, einem stetigen Formverlust seit der herausragenden ersten Giro-Woche
unterlegen gewesen zu sein. Die Leichtigkeit der ersten Tage schien sich in den windigen Hängen im Schatten des Matterhorns verflüchtigt zu haben. Gotti schraubte sich den Berg hinauf, fuhr hin
zu Nicola Miceli, ließ diesen aber drei Kilometer vor dem Zielstrich stehen. Unaufhaltsam näherte er sich dem ersten Rosa Trikot seiner Karriere. Bereits 1995 trug er für einen Tag das Gelbe
Trikot der Tour de France – das erste Mal, dass der Name Gotti erwähnenswert in der Radsport-Welt auftauchte. Nach sieben Stunden, sechs Minuten und 32 Sekunden überfuhr der 28-jährige Lombarde
die Linie des Triumphs in Breuil-Cervinia. Tonkov kam als Fünfter an – eine Minute, 46 Sekunden Rückstand. Zähneknirschend, keinesfalls aber verbittert, sondern voller Respekt gegenüber seinem
Freund, nahm der Russe seine Niederlage zur Kenntnis, die er auch die Tage später nicht mehr revidieren konnte.
Zitat: „Gotti verdient den Giro-Sieg.[…] Dennoch machte ich Fehler, den größten auf der Etappe nach Cervinia, als ich die Verfolgung Gottis zu spät initiierte.“ Pavel Tonkov nach dem Ende des
Giro d’Italia 1997.